Valentino M. Pasquino im Porträt
Ein Graffiti-Künstler, der sein inneres Farbchaos ordnen will
Er ist erst 17-jährig, doch weiss genau, was er will: mit seinen Graffitis durchstarten. In Winterthur ist Valentino M. Pasquino längst kein Unbekannter mehr.

Was für andere Vandalismus ist, ist für Valentino M. Pasquino Kunst: Seine Graffitis waren bereits in verschiedenen Ausstellungen zu sehen.
Ramona Kobe
«Bahnhof versaut wegen Graffiti», «Kampf gegen Schmierereien», «Graffiti-Sprayer verunstalten Zug im grossen Stil» – die gesprayte Kunst findet in der Bevölkerung nach wie vor wenig Akzeptanz. Medien berichten dementsprechend oft negativ über das Thema. In grossen Städten wie Zürich oder Basel gehen bei der Polizei jährlich bis zu 2000 Anzeigen wegen Graffitis ein, die Reinigungskosten in Millionenhöhe verursachen.
Graffiti kann aber weit mehr sein als Vandalismus. Das beweist etwa Valentino M. Pasquino. Der 17-jährige Winterthurer besprayt fast ausschliesslich Leinwände, die er mit seinen Mitmenschen teilt. So war er mit seinen Unikaten bereits an der Kunst- und Handwerksausstellung in der Alten Kanzleihalle in Seen, an der letztjährigen «Unjurierten» in den Eulachhallen sowie auch an privaten Ausstellungen. Zudem hängen seine Graffitis im März im «Cappuccino» und nach dem Sechseläuten in der Physik-Bibliothek an der ETH in Zürich. Doch damit nicht genug. Pasquino wird einen der 120 «Stadtleuen» bemalen, die ab Oktober in ganz Winterthurer platziert werden. Zwar weiss er noch nicht, welches Motiv die lebensgrosse Skulptur erhält, aber: «Ich werde meine Art von Kunst einfliessen lassen und meinem Stil treu bleiben.»
Vier Buchstaben als Wiedererkennung
Die Werke des gebürtigen Italieners sind vor allem eines: bunt. Er setzt auf Schriftzüge und einzelne Buchstaben. Insbesondere das Wort «Mova» taucht immer wieder auf. «Das ist mein Künstlername», erklärt Pasquino. «Und gleichzeitig mein Wiedererkennungswert.» Die vier Buchstaben, die für seine beiden Vornamen Valentino und Massimo stehen, zieren seit kurzem auch einen alten Container bei der Kulturbaracke in der Grüze – eine der wenigen Zonen in der Eulachstadt, in der legal gesprayt werden darf. «Weil ich hier mein Farbchaos, das in mir herrscht, zum Ausdruck bringen und die Welt bunter machen kann, sehe ich keinen Grund, illegal zu sprayen», sagt der Gymischüler. Der Treffpunkt dient als Übungsfläche für Unerfahrene, viele Farbschichten lagern an den Wänden und Mauern übereinander. «Das ist das Coole an Graffitis», so Pasquino. «Jede Farbe lässt sich überdecken.» Ohne Vorlage auf Papier traut er sich noch nicht an die Werke, die für die Öffentlichkeit bestimmt sind. «Der Entwurf gibt mir Sicherheit.»

Mit diesem Schriftzug durfte sich der 17-Jährige im Jugendtreff Gutschick verewigen.
Ramona Kobe
Diese braucht er auch, wenn er grössere Projekte umsetzt. So durfte er das Haus seiner Familie in der Heimat Kalabrien besprayen, ebenso eine öffentliche Schule. Besonders stolz ist er auf das Logo einer Marmeladenfabrik, das er an deren Innenfassade gestalten konnte. Auch in Winterthur durfte sich der Graffiti-Künstler verewigen, etwa im Jugendtreff Gutschick. «Diese Woche wurde ich noch für einen kleinen Auftrag für meinen Handball-Verein Pfadi Winterthur angefragt», freut sich Pasquino, der von seiner Mutter unterstützt wird. Für den Sponsorenlauf Ende Januar bemalt er die Kartonwand fürs Eierwerfen. «Solche Anfragen sind eine grosse Ehre.»
Grosse Ziele für die Zukunft
Pasquino hofft, in Zukunft von seiner Leidenschaft, der er bereits als Kind nachging, leben zu können, weshalb er nach der Matura ein Kunststudium anstrebt. In der Richtung Mode und Design. «Ich will meine Graffitis auf Kleidung bringen», nennt der Winterthurer seine Motivation für den Studiengang. Seine erste eigene Kollektion – Hoodies, T-Shirts, Mützen und Taschen – brachte er im November raus. Ein grosser Meilenstein, wie er sagt. «Es ist ein Anfang. Jetzt muss ich dranbleiben, um in der Modebranche und auf dem Kunstmarkt Fuss fassen zu können.»