Aus- und Rückblick mit dem Pfadi-Präsidenten
«Die Playoffs haben ihre eigenen Gesetze»
Heute beginnen für Pfadi Winterthur die Playoff-Viertelfinals gegen Wacker Thun. 84XO traf Vereinspräsident Jürg Hofmann zum Interview und schaute mit ihm sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft.
Heute Donnerstagabend (18.30 Uhr, Axa-Arena) empfangen die Handballer von Pfadi Winterthur Wacker Thun zur ersten von maximal fünf Playoff-Viertelfinalpartien. Zeit, um mit Pfadi-Präsident Jürg Hofmann auf die bisherige Saison zurückzuschauen und einen Ausblick auf die entscheidende Meisterschaftsphase zu wagen.
Im schwächsten der drei europäischen Wettbewerbe vorzeitig ausgeschieden, im Schweizer Cup frühzeitig out und vor den Playoffs in der Meisterschaft eher der Aussenseiter gegenüber dem bisher überragenden HC Kriens Luzern und den Kadetten Schaffhausen – muss man von einer bisher eher enttäuschenden Saison reden?
Jürg Hofmann: Es ist richtig, dass wir uns europäisch leider bereits früh verabschiedet haben. Das war eine herbe Enttäuschung für uns und unsere Zielsetzungen auf europäischer Ebene. Im Schweizer Cup hatten wir Lospech, zu einem solch frühen Zeitpunkt auswärts auf die Kadetten zu treffen. Dass es dabei in einem Spiel auf Augenhöhe zum Jahresabschluss nicht fürs Weiterkommen gereicht hat, kann passieren – das ist Sport. Um den Titel muss zuerst gespielt werden, die Playoffs haben ihre eigenen Gesetze.
Wohl hat sich Pfadi in der Hauptrunde klar in den Top 3 etabliert und doch waren immer wieder grosse Leistungsschwankungen auch innerhalb einer einzelnen Partie zu erkennen, wie zuletzt bei der Niederlage gegen GC Amicitia Zürich. Woran liegt das?
Wir sind glücklich, einen Grossteil des Kaders zur Verfügung zu haben. Da haben wir auch schon ganz andere Situationen erlebt. Die Playoffs haben wir mit Bravour erreicht, den dritten Platz mit Abstand gesichert und nach oben nur einen kleinen Abstand. Zuletzt in Zürich durften wir deshalb abermals eigenen, jungen Spielern die Chance geben, sich zu präsentieren und dementsprechend unserer Philosophie weitere Konturen verleihen. Leider hat es kurzfristig nicht zum Sieg gereicht, aber langfristig gezeigt, dass wir auf einen Fundus an eigenen, verheissungsvollen Talenten zurückgreifen können. Dies muss man jedoch akzeptieren, wenn man auf die Jugend setzt.
Es braucht eine Initialzündung, um in den Playoffs doch noch um einen Titel spielen zu können. In ähnlicher Situation sind bei ambitionierten Fussballklubs in der Phase Trainerwechsel ein gängiges Thema. Ein probates Mittel zum Erfolg auch im Handball?
Dies sind dann wohl Fussball-Geschichten, bei denen die Ausbildung junger Talente keine Priorität geniesst. Wir haben einen klaren gemeinsamen Fokus und ambitionierte Ziele, die unser Trainerstab hervorragend umsetzt. Es bereitet uns allen riesige Freude, immer wieder eigene Nachwuchsspieler im NLA-Team zu sehen. Dementsprechend freuen wir uns auch auf eine lange, nachhaltige Zukunft mit unserem Trainerstab.

Um in dieser Saison doch noch um einen Titel spielen und entsprechend feiern zu können, brauchen die Pfader Exploits wie beim 35:31-Auswärtssieg gegen die favorisierten Kadetten Schaffhausen im September 2022.
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Was macht Sie zuversichtlich, dass Pfadi die besten Leistungen für die Playoffs zurückbehalten hat und da das erfolgsverwöhnte Winterthurer Publikum begeistern wird?
Wir erachten es als Privileg, ein erfolgsverwöhntes Publikum zu haben. Dies beweist und zeigt, dass wir bereits über Jahre begeisternden Handball zeigen. Wir sind deshalb überzeugt davon, dass sie uns auch weiterhin in den Playoffs in Scharen unterstützen werden. Wir haben den höchsten Zuschauerschnitt der gesamten Nationalliga A – unser Publikum treibt uns zu Höchstleistungen. Es ist uns in der Vergangenheit immer wieder gelungen, Bestleistungen abzurufen, wenn es drauf ankommt. Ich bin überzeugt davon, dass uns dies auch dieses Jahr wieder gelingt. Diese Emotionen, in dieser Arena sind schlicht einmalig.
Das Mindestziel dürfte das Erreichen des Playoff-Finals sein?
Wir haben die Playoff-Halbfinals als klares Saisonziel ausgegeben. Darauf liegt nun vorab unser voller Fokus. Der Final wäre natürlich das Sahnehäubchen, war, ist und bleibt aber kein ausgegebenes Saisonziel.
Wie sieht der Fortschritt der Kaderplanung für die kommende Saison 2023/24 aus? Bleibt der Stamm bis auf den Rücktritt von Stefan Freivogel erhalten?
Die Kaderplanung begleitet uns seit Monaten. Dass uns Stefan Freivogel abseits des Spielfeldes erhalten bleibt, freut uns riesig. Weitere Informationen zur Kaderplanung werden wir wie immer zeitgerecht und proaktiv kommunizieren. Unsere Konzentration gilt der Gegenwart – den bevorstehenden Playoffs. Personelle Entscheide, die die Zukunft betreffen, begleiten uns aber natürlich ständig.
Neben Tim Rellstab wird mit Laurin Rinderknecht ein weiteres junges Talent zu Pfadi stossen, zugleich sind Pfadis älteste Junioren sehr erfolgreich. Verbaut man mit externen Zugängen dem eigenen Nachwuchs nicht etwas die Perspektiven?
Dass Tim Rellstab und Laurin Rinderknecht als grosse Schweizer Handballtalente zu uns kommen und sich für uns entschieden haben, ist toll, und wir freuen uns. Den eingeschlagenen Weg werden wir weitergehen und an unserer bewährten Fünf-Jahres-Planung festhalten. Die beiden Spieler ergänzen diese und werten diese auf. Wir gehen unseren Weg konsequent und jeder, der auf Handball setzt, erhält bei uns eine Perspektive.
Jürg Hofmann
«Jeder, der auf Handball setzt, erhält bei uns eine Perspektive»
Sie werden im Sommer das Präsidenten-Zepter an Max Rütimann übergeben. So wie man Sie kennt, werden Sie ein aufgeräumtes Pültchen übergeben, also auch einen punkto Finanzen wieder gefestigten Verein?
Die Übergabe des Präsidiums an Max Rütimann ist schon seit langem geplant. Ob das Pult ganz aufgeräumt sein wird, weiss ich noch nicht. Wir sind schon länger an der Übergabe und an der Einarbeitung. Das Schiff ist auf Kurs, diesen zu halten ist unser grosser gemeinsamer Wunsch, für den wir alles geben und im intensiven, sehr geschätzten Austausch zusammenarbeiten. Ich bin sehr glücklich, in Max Rütimann einen tollen und motivierten Nachfolger gefunden zu haben.
Sie werden den Ruhestand also entspannt angehen, obwohl Sie weiterhin viel ausgeliehenes Geld im Verein haben dürften?
Wer mich kennt, weiss, dass ich stets entspannt bin. Was ich zukünftig tun werde und mit welchem Frankenbetrag, wird die Zukunft zeigen. Ich bin sehr glücklich, über die Zukunftsperspektive, die Pfadi Winterthur Handball als Organisation und Verein hat und sehe nicht mich, sondern Pfadi Winterthur stets im Vordergrund. Der an der GV transparent aufgezeigter und dargestellter Weg, wird umgesetzt.
Dass Sie Ihre Energie künftig «nur» noch in Win4 investieren werden, ist kaum zu glauben. Wie werden Sie dem Verein Pfadi Winterthur weiterhin erhalten bleiben?
Wie bereits erwähnt, geht es nicht um mich. Was ich zukünftig machen werde, werden wir in den kommenden Wochen gemeinsam evaluieren. Wichtig ist Pfadi Winterthur Handball als Ganzes und nicht die Individuen.