Street-Trial-Athlet Raphael Dähler im Porträt
«Die Stadt ist mein Spielplatz»
Auf Instagram begeistert Raphael Dähler mittlerweile fast 30'000 Follower mit Stunts auf seinem Bike. Dabei war Erfolg gar nie die Absicht des Winterthurers.

Fast 30'000 Follower auf Instagram begeistert der Winterthurer Raphael Dähler mit seinen Stunts auf dem Bike.
Simon Bächi
Mit seinem Fahrrad performt er immer wieder atemberaubende Stunts; fährt über Tennisnetze und auf Windkraftanlagen, macht Salti über Treppen. Danny MacAskill ist weltweit bekannt für seine spektakulären Youtube-Videos. Sein erster Street-Edit im Jahr 2009 war eine Sensation – 39 Millionen Mal wurde das Video seither insgesamt angeschaut. Auch der Winterthurer Raphael Dähler zog sich den Clip rein – und kam dadurch erstmals mit Street Trial Bike, eine Nischensportart, die von Mountainbike und BMX inspiriert wurde, in Kontakt.
Mit über 28'000 Follower auf Instagram und mehreren hunderttausend Views pro Monat ist der 21-Jährige heute der meistgefolgte Street-Trial-Athlet der Schweiz. «Das tönt völlig absurd», sagt Dähler sichtlich stolz auf das, was er in den letzten fünf Jahren geschafft hat, zumal er sich erst seit 2018 intensiv mit der Disziplin auseinandersetzt. Um den Erfolg sei es ihm nie gegangen, wie er erzählt. «Ich wollte einfach Spass haben und meine Kreativität ausleben.» Und zwar im doppelten Sinne. Wenn er auf zwei Rädern von Hindernis zu Hindernis springt, über schmale Mauern balanciert oder sonstige Tricks ausübt, filmt er sich dabei und schneidet die Szenen anschliessend zu Kurzvideos zusammen, die er auf Social Media teilt – ein Hobby, dem er schon vor dem Radfahren nachging. «Es ist cool, kann ich meine Leidenschaften, Videoschnitt und Grafikdesign, mit dem Street Trial verbinden.»

Raphael Dähler
«Durch die Qualität meiner Videos versuche ich, aus der Masse herauszustechen»
Dabei legt er viel Wert darauf, aus welchen Winkeln er seine Stunts filmt und was im Hintergrund zu sehen ist. «Durch die Qualität meiner Videos versuche ich, aus der Masse herauszustechen», meint Dähler überzeugt. Weiter habe ihm die Konsistenz geholfen, eine stets noch grössere Reichweite zu erzielen: Auf seinem Youtube-Kanal erscheint alle zwei Wochen eine neue Episode seiner Videoreihe, auf Instagram und Tiktok ist der Winterthurer fast pausenlos aktiv.
Sturz mit Folgen
Praktisch jeden Tag ist Raphael Dähler mit seinem Bike in der Stadt unterwegs. Winterthur biete enorm viele Möglichkeiten, die Sportart auszuüben. «Früher sind mir die Hindernisse nie aufgefallen. Heute ist die Stadt mein Spielplatz.» Das Schulhaus Gutschick sei mit seinen Mauern und Sitzbänken ein guter Ort. Aber auch die Kantonsschule Büelrain oder der Bahnhofplatz würden sich eignen. «Manchmal kommen tatsächlich Leute zu mir, weil sie mich aus meinen Videos erkennen. Das ist ein sehr schönes und erfüllendes Gefühl», so Dähler. Dabei fühle er sich gar nicht als Influencer, sondern verfolge lediglich das Ziel, die Community weiter zu vergrössern. «Es ist schön, kann ich immer mehr Leute inspirieren.»
Doch er warnt: «Man darf nicht übertreiben und soll klein anfangen!» Die Tricks seien nicht ungefährlich, das Tragen von Helm, Handschuhen sowie Knie- und Knöchelschonern Pflicht. Er selbst stürzte vor drei Jahren an der Seepromenade in Stadelhofen schwer, zertrümmerte sich die gesamte Ferse. Erst vor wenigen Wochen wurde die Metallplatte und die sechs Schrauben aus seinem Fuss entfernt. «Bei jedem Trick gilt es, sich dem Risiko bewusst zu sein. Es gibt nichts Wichtigeres, als seine eigenen Grenzen zu kennen.»
Social Media ist nicht genug
Als wäre der Aufbau seiner Social-Media-Kanäle nicht zeitintensiv genug gewesen, gründete Dähler parallel dazu seine eigene Kleidermarke «RideSet Clothing». Hier liess er sich von verschiedenen Quellen inspirieren. «Ich war schon immer davon begeistert, wenn Leute ihre Fantasie verwirklichen», meint Dähler. Also bestellte er sich kurzerhand einen Plotter und eine Transferpresse, kaufte T-Shirts, Hoodies und Tanktops im Grosshandel ein und legte los. «Die Marke bin 100 Prozent ich. Von Farbe über Design bis Grösse – die Entscheidungshoheit liegt voll und ganz bei mir.»
Inzwischen schafft Dähler mit renommierten Marken zusammen, wie etwa «TSG – Technical Safety Gear», einer der weltweit grössten Hersteller für Helme und Protektoren. Auch das Sportgetränk «Vitamin Well» oder der Veloladen «Bike Base» in Bülach zählen zu seinen Sponsoren. «Viel fehlt nicht mehr, dass ich vom Street Trial leben kann», freut sich der gelernte Kellner. Weitere Werbepartnerschaften seien in Aussicht. Und auch neue, verrücktere Ideen hat er im Köcher. «Ich möchte dieses Jahr ein grosses Videoprojekt realisieren», verrät Dähler. Dafür wagt er sich voraussichtlich gar auf das Dach des Prime Towers in Zürich. «Es ist noch nichts beglaubigt, das wäre aber selbst für mich eine ganz neue Erfahrung.»