Nils Conrad im Interview
«Diese intensiven Emotionen hat man nicht von heute auf morgen verarbeitet»
Erneut gab es für die Männer-Nati keine WM-Medaille, erneut ist die Enttäuschung riesig. Auch bei HCR-Captain Nils Conrad.

Die Enttäuschung bei Nati-Spieler Nils Conrad ist gross.
Markus Aeschimann
Die Unihockey-Nati ging bei der Heim-WM in Zürich und Winterthur leer aus. Die Enttäuschung bei den Spielern ist gross – so auch bei Verteidiger Nils Conrad, der am kommenden Samstag mit dem HC Rychenberg bereits wieder im Einsatz stehen wird.
Nils Conrad, welche Niederlage war schlimmer: jene im Halbfinal gegen Tschechien oder die verlorene Bronzemedaille?
Nils Conrad: Definitiv der verlorene Halbfinal. Wie auch schon an den letzten beiden Weltmeisterschaften haben wir uns viel vorgenommen, wollten den Einzug in den Final unbedingt schaffen. Dass wir so unter die Räder kamen und unsere Leistung nicht abrufen konnten, schmerzt enorm.
Woran lag es?
Wir lagen zwar früh 1:0 zurück, konnten den Rückstand aber schnell drehen. Verheerend waren die ersten zehn Minuten im zweiten Drittel. Wir haben viele kleine Fehler gemacht, welche die Tschechen ausnutzten. Sie waren die ganze Partie hindurch immer eine halbe Sekunde schneller, spielten überzeugter und gewannen die wichtigen Zweikämpfe.
An welchem Punkt haben Sie die Hoffnung auf den Finaleinzug aufgegeben?
Tatsächlich relativ spät erst. Wir wussten zwar, dass unsere Chancen nicht besonders gut stehen, aber wir wussten auch, wie schnell es im Unihockey gehen kann. Nach dem 8:3 ins leere Tor wusste ich: Jetzt wird es richtig schwierig.
Erneut müssen sich die Schweizer mit dem vierten Platz zufrieden geben. Wie gross ist die Enttäuschung?
Riesig. Wir haben uns mehr vorgenommen als die Bronzemedaille, obwohl wir diese am Sonntag dann natürlich gerne genommen hätten. Die Voraussetzungen waren super; das Turnier war sehr gut organisiert, die Zuschauer top. Es ist umso bitterer, konnten wir ihnen nichts zurückgeben.
Bleiben wir beim Publikum. Wie war es, vor einer solchen Kulisse spielen zu können?
Wir haben im Team viel darüber gesprochen und sind uns einig: Es war ein einmaliges Erlebnis. Womöglich werde ich erneut vor so vielen Leuten spielen, aber wohl kaum vor so vielen Schweizer Fans. Sie waren sehr unterstützend und halfen, diesen extra Meter zu gehen. Das Eindrücklichste war das Fahnenmeer beim Einlauf in die Halle. Diese Stimmung werde ich nie mehr vergessen.
Welches war Ihr persönliches Highlight?
Der Sieg gegen Finnland im Gruppenspiel. Wir kamen aus einer schwierigen ersten Partie, hatten uns gegen Norwegen ein anderes Resultat erhofft. Aber wir konnten umschalten; insbesondere der Start in die Partie ist uns super gelungen. Bis zum Schluss konnten wir zum richtigen Zeitpunkt unsere Tore erzielen. Hätten wir diese Leistung noch zwei-, dreimal mehr abrufen können, wären wir mit einer Medaille nach Hause gefahren. Davon bin ich überzeugt.
Wie schätzen Sie Ihre eigene Leistung ein?
Durchzogen. Ich hatte gute und weniger gute Einsätze. Es war sicherlich cool, konnte ich so oft spielen und durfte auch Verantwortung übernehmen, als wir auf zwei Linien reduzierten.
Viel Erholung bleibt nicht, am Samstag stehen Sie bereits wieder für den HC Rychenberg auf dem Feld. Haben Sie die Heim-WM bis dahin schon verarbeitet?
Nein. Ich weiss bereits aus den vergangenen Jahren, dass es eine gewisse Zeit braucht, um in den Alltag zurückzukommen. Diese intensiven Emotionen, die vielen Up and Downs, die Freude und das Leid der letzten Tage hat man nicht von heute auf morgen verarbeitet. Der Alltag wartet aber auch mit vielen schönen Sachen, auf die man in letzter Zeit verzichten musste: Zeit mit Freunden, der Familie. Ich versuche mich darauf zu konzentrieren, das hilft mir.
Freuen Sie sich trotzdem auf das Spiel gegen Basel?
(Lacht). Heute noch nicht, aber die Freude wird in den nächsten Tagen wieder kommen, sobald ich die Jungs sehe.