Andri Henauer und Alexis Valenza wohnen zusammen
Die Hockey-WG zweier EHCW-Jungs
Wie bei allen Eishockeyvereinen im Profibereich kommen auch beim EHC Winterthur Spieler aus allen Landesteilen zusammen, um gemeinsam als Team möglichst erfolgreich zu sein. Wie aber leben die Akteure in ihrer neuen, oft temporären Heimat? Ein Einblick in die Jungs-WG von Andri Henauer und Alexis Valenza.

Alexis Valenza (l.) und Andri Henauer spielen nicht nur gemeinsam beim EHC Winterthur, sondern bilden aktuell zusammen eine WG.
EHC Winterthur
Das Klischee «Jungs-WG» ist ja allgemein bekannt: Die Bewohner sind in den Zwanzigern, lieben das Chaos und die Grundnahrungsmittel Fertig-Pizza, Dosen-Ravioli und Chips. Sie stecken in einer Lebensphase, in der sie gerade die grosse Freiheit entdecken, gleichzeitig aber auch erkennen, dass sich Geschirr nicht von selbst spült. Deswegen hat jeder Bewohner auch nur einen Teller, eine Gabel und ein Messer. Geputzt hat bisher immer die Mama und dementsprechend sieht es in der Wohnung auch aus. Der Vorteil? Durch ungeputzte Scheiben fällt kaum Licht, so stört der ganze Dreck nicht. Trotz des Staubs, Drecks und der Gefahr einer akuten Glutamat-Vergiftung ist es in einer Jungs-WG aber immer extrem spassig.
Wie leben junge Hockey-Profis?
Eine frisch renovierte Dachwohnung an der ruhigen Grüzestrasse 4 ist im Moment genau eine solche «Jungs-WG». Sie ist nämlich das Zuhause von zwei jungen, hoffnungsvollen Spielern des EHC Winterthur. Andri Henauer, ein 19-jähriges Goalie-Talent, stammt aus Bern, Alexis Valenza, ein 26-jähriger Stürmer, ist dagegen beim Lausanne HC gross geworden. Henauer ist im vergangenen November zu Winti gestossen und hat damals noch Marius Schwegler angetroffen, einen Verteidiger, der den Verein zwischenzeitlich allerdings verlassen hat.
Weg ist auch schon wieder Timotée Schaller, ein Profi vom HC Fribourg-Gottéron, der ebenfalls einige Wochen lang in der Wohnung lebte. Andri Henauer: «Die Fluktuationsrate ist bei uns ziemlich hoch, aber ich finde es cool, immer wieder neue Kollegen kennenzulernen. Und klar auch, dass sich bei uns alles immer um das eine grosse Thema dreht – Eishockey!» Alexis Valenza, der nebenbei noch ein Wirtschaftsstudium absolviert und in nächster Zeit zwischen Winterthur und St. Gallen pendeln wird, nickt und ergänzt lachend: «Nicht alle von uns Spielern sind so privilegiert wie wir – ein Kollege von uns ist im Moment tatsächlich bei unserem Buschauffeur untergebracht.»
Die Vorteile einer Hockey-WG
Mario Antonelli, Geschäftsführer und Sportchef des EHC Winterthur, zeigt sich sehr froh über die klubeigenen Wohngenossenschaften: «Ohne solche Wohnungen, die uns von zugewandten Orten zu günstigen Konditionen zur Verfügung gestellt werden, könnten Profivereine wie wir schlicht nicht arbeiten. Hier an der Grüzestrasse nutzen unsere Spieler drei schöne Zimmer und eine Küche.» Das Einzige, was fehle, sei ein Aufenthaltsraum. Doch die Jungs seien so oft unterwegs und jeder Hockeyspieler wisse sowieso, dass der richtige «Aufenthaltsraum» ohnehin die Kabine sei. «Wichtig ist uns, dass das Ganze einfach und zweckmässig ist – das ist letztlich genau das richtige Umfeld für unsere jungen Spieler!», so Antonelli.

Das 19-jährige Goalie-Talent Andri Henauer stiess erst im letzten November vom grossen SC Bern zu den Winterthurern.
zvg
Alexis Valenza bestätigt: «Der ganz grosse Vorteil unserer Wohnung ist sicher die Nähe zur Zielbau Arena – das macht unser Leben zwischen Trainings, Heimspielen und Erholungsphasen auf jeden Fall um einiges leichter.» Keeper Henauer schätzt zudem die Tatsache, dass der McDonald’s gleich um die Ecke liegt: «Immer nur Pasta kann es ja auch nicht wirklich sein, oder?»
Für den Ausgang reicht die Zeit kaum
«Ich habe mich hier in Winterthur und unserer WG von Anfang an pudelwohl gefühlt», erklärt Henauer. «Der Austausch mit den Kollegen ist super und mit meinen Eltern und Freunden stehe ich auch laufend in Kontakt». Andri Henauer gehört dem grossen SC Bern, ist ausserdem Teil des U20-Nationalteams und will sich in den kommenden Jahren voll aufs Eishockey konzentrieren. «Pro Woche trainieren wir fast täglich. Während der Meisterschaft stehen zudem zwei Matches auf dem Programm. Nur gerade an einem Tag pro Woche stehen wir nicht auf dem Eis. Da schaffen wir es viel zu selten, um abends noch in den Ausgang zu gehen», meint er. Gelegentlich fahre er aber sehr gerne kurz in seine Heimat, um durch die Berner Gassen zu schlendern und mal wieder etwas andere Luft zu schnuppern.
Im Gegensatz zu Henauer hat Valenza immerhin schon das Technorama besucht. Allerdings plagt ihn ab und zu ein leises Heimweh. «Für die nächsten beiden Jahre habe ich mich beim EHC Winterthur verpflichtet, anschliessend wäre es aber schön, noch einmal für ‹mein› Lausanne zu spielen. Doch wer weiss, vielleicht beende ich meine Karriere nach Abschluss des Studiums ja auch, ziehe mit meiner Freundin zusammen und starte ein völlig neues Leben.»
Von Tamás Kiss