Publiziert 10. März 2023, 06:30
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Phenomden im Interview

«Ich sehe mich nicht als Genre-Sänger»

Phenomden ist mit neuer Musik am Start. Seine Clubtour beginnt im Salzhaus – ein Ort, der für den Schweizer Reggaekünstler eine ganz spezielle Bedeutung hat.

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Ramona Kobe
Die neue EP von Phenomden trägt den Namen «Franco Nero». Obwohl der 42-Jährige früher viele Westernfilme schaute, hatte er nie die Absicht, diese in seine Musik einfliessen zu lassen.

Die neue EP von Phenomden trägt den Namen «Franco Nero». Obwohl der 42-Jährige früher viele Westernfilme schaute, hatte er nie die Absicht, diese in seine Musik einfliessen zu lassen.
zvg

Phenomden (42) entführt mit seiner neuen EP «Franco Nero», die heute Freitag, 10. März, erscheint, in eine Welt voll harscher Reality-Lyrics und knalligen Dancehall-Exkursen. 84XO hat mit dem Schweizer Mundart-Reggaekünstler vor seinem Tour-Start am 18. März im Salzhaus gesprochen – über Westernfilme, Jamaika und seine Muttersprache.

Phenomden, sowohl den Titelsong als auch die neue EP widmen Sie dem italienischen Schauspieler Franco Nero, der 1966 in der Hauptrolle als «Django» bekannt wurde. Sind Sie ein Western-Fan?

Phenomden:  Es gab eine Phase in meinem Leben, in der ich privat viele Westernfilme schaute. Ich hatte aber eigentlich nie die Absicht, die Materie in meine Musik einfliessen zu lassen. Das hat sich jetzt einfach so ergeben. Franco Nero ist in meinem neuen Werk eine erfundene Figur, die als Metapher für eine Zeit steht, die nicht einfach war. Ich hätte meine EP aber auch nach Clint Eastwood benennen können.

Würden Sie die EP entsprechend als harsch bezeichnen?

Der Vibe ist tatsächlich harscher als im letzten Album «Streunendi Hünd». Ich spreche über schwierige Erlebnisse, die ich in meinem Leben hatte. Tatsächlich ist es das erste Mal, dass ich ein so kurzes Werk herausbringe und den Fokus auf nur einen Themenbereich lege. Ich habe gemerkt, dass es eine Stärke sein kann, Abwechslung und Vielseitigkeit zu ignorieren und sich stattdessen auf eine Richtung zu fokussieren. Die EP ist auch eine Präsentation meiner musikalischen Skills.

Phenomden

«Ich hätte meine EP auch nach Clint Eastwood benennen können»

Diese entwickelten Sie unter anderem in den fast sieben Jahren, in denen sie in Jamaika lebten, weitert. Erzählen Sie davon.

Ich wollte mit den Gedanken für einmal nicht bei der nächsten Platte sein, sondern mich auf mich konzentrieren und an meinen musikalischen Fähigkeiten schaffen. Ich nahm Gesangsunterricht, Klavierstunden, besuchte Songwriting-Lehrgänge. Ich habe viel gesehen und gehört. Folglich hatte meine Zeit in Jamaika einen sehr positiven Einfluss auf meine Musik.

In Jamaika haben Sie hauptsächlich auf Englisch getextet. Zurück in der Schweiz wechselten Sie wieder in die Muttersprache. Was fällt Ihnen einfacher?

Meine lyrische Welt ist Englisch. Hinzu kommt, dass meine Frau und meine Tochter Englisch sprechen. Mittlerweile denke ich fast ausschliesslich auf Englisch. Deshalb fällt es mir schwer, meine Gedanken ins Schweizerdeutsche zu übersetzen. Und trotzdem: In meiner Muttersprache kann ich mich noch feiner, noch konkreter ausdrücken. Ich bin mir nicht sicher, ob ich dieses Level an Differenziertheit auf Englisch schaffen würde.

Man sagt, Sie seien der Inbegriff des Schweizer Reggae. Sehen Sie das auch so.

Ich habe nichts dagegen, wenn man mich so beschreit. Ich selbst sehe mich aber nicht als Genre-Sänger. Ich bin wahnsinnig offen für Musik, was sich in meinem eigenen Sound widerspiegelt. Reggae entstand durch verschiedene Einflüsse wie Blues oder Jazz. Alle Musikrichtungen sind miteinander verknüpft.

Ein Kreis, der sich schliesst: Vor 20 Jahren hatte Phenomden seine ersten Auftritte im Salzhaus Winterthur. Am 18. März beginnt dort seine Soundsystem-Clubtour.

Ein Kreis, der sich schliesst: Vor 20 Jahren hatte Phenomden seine ersten Auftritte im Salzhaus Winterthur. Am 18. März beginnt dort seine Soundsystem-Clubtour.
zvg

Kommen wir zurück in die Gegenwart. Am 18. März beginnt Ihre Soundsystem-Clubtour im Salzhaus. Was bedeutet Ihnen dieser Auftritt?

Sehr viel! Im Salzhaus hatte ich vor 20 Jahren meine ersten Auftritte – mit verschiedenen DJs an den Reggae- und Dancehall-Nights. Es ist ein schöner Kreis, der sich schliesst.

Auf was darf sich das Publikum freuen?

Ich werde viele Songs spielen, die man kennt, habe aber auch die eine oder andere Überraschung im Köcher. Dass ich nicht mit Band, sondern mit dem DJ Selecta B‑Flat auf der Bühne stehe, gibt mir viel Raum für Improvisation. Ich möchte auch zeigen, was mein Musikgeschmack ist.

  • Wir verlosen 1x2 Tickets für das Konzert von Phenomden am Samstag, 18. März, im Salzhaus. Zur Teilnahme.

Wie wichtig ist Ihnen, live performen zu können?

Es bedeutet mir sehr viel. Das Feedback des Publikums ist mir wichtig. Ich bin aber kein Mensch, der von der Bühne oder dem Rampenlicht abhängig ist. Es geht auch gut ohne. Wenn ich aber auf Tour bin, dann mit voller Hingabe.

Im Frühling spielen Sie in elf Schweizer Städten. Auf welchen Auftritt freuen Sie sich am meisten?

Ich freue mich auf die ganze Tour. Die Abwechslung macht es aus. Ich spiele in grösseren Clubs wie im Dachstock in Bern oder in der Schüür in Luzern. Aber auch die kleineren Orte haben ihre Magie. Die Show in der Roten Fabrik in Zürich wird sicher auch speziell, ein Heimspiel ist immer etwas Besonderes. An diesem Abend werde ich auch nervös sein, das weiss ich jetzt schon.

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