Publiziert 02. März 2023, 07:47
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Neue Ausstellung im Fotomuseum Winterthur

Die radikale Performance-Kunst Exports

Valie Export provozierte mit ihren Performances auf öffentlicher Strasse. Das Fotomuseum Winterthur widmet der feministischen Künstlerin eine Ausstellung und stellt ihre Fotografien in den Mittelpunkt.

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red

Als Pionierin der Performance-, Installations- und Videokunst durchbricht sie seit jeher die Grenzen zwischen medialen Genres und setzt auch ihren eigenen Körper als künstlerisches Medium ein. Die Fotografie spielt in ihrer Praxis von Anbeginn eine zentrale Rolle – ob zu dokumentarischen Zwecken, als Experiment, als Bestandteil multimedialer Installationen oder als eigenständiges Werk. Kurz und Knapp: Valie Export provozierte. Eine neue Ausstellung im Fotomuseum Winterthur, die noch bis am 29. Mai zu sehen ist und in enger Zusammenarbeit mit der Künstlerin herself entstanden, fokussiert auf ihr fotografisches Oeuvre und stellt dieses erstmals in den Mittelpunkt.

Export war sich der Bedeutung der visuellen Aufzeichnung ihrer Performances stets bewusst. Bereits 1968, bei zwei ihrer bekanntesten Performances, waren Fotografen und Filmemacherinnen zugegen. Zuschauer und Passanten wurden über ein Megafon aufgefordert, die Brüste der Künstlerin zu berühren, die von einem als Kinosaal dienenden Kasten mit Vorhang verdeckt waren. Die Teilnehmenden mussten beim Akt der Berührung mit Export für eine genau definierte Zeitdauer Augenkontakt halten, wodurch die Künstlerin den für das Kino typischen Voyeurismus des männlichen Blicks umkehrte. Und auch als sie den Künstler Peter Weibel auf allen Vieren kriechend an einer Hundeleine durch die Innenstadt Wiens zog, machte sie auf provokante Art und Weise durch deren Umkehrung auf vorherrschende Geschlechterverhältnisse und Machtdynamiken aufmerksam.

Mit ihren Performances sorgte die Künstlerin immer wieder für Aufmerksamkeit. So etwa, als sie Passanten aufforderte, ihre Brüste zu berühren.

Mit ihren Performances sorgte die Künstlerin immer wieder für Aufmerksamkeit. So etwa, als sie Passanten aufforderte, ihre Brüste zu berühren.
VALIE EXPORT, 2022, ProLitteris, Zurich, Foto: Werner Schulz

Die Fotografie diente nicht bloss der Aufzeichnung von Exports Aktionen. Viel eher traten Aktion und Fotografie in einen Dialog und somit eine wechselseitige Abhängigkeit; einerseits wurden mithilfe der Fotografie Aktionen festgehalten (und schliesslich auch vermittelt), andererseits erreichten die Aktionsfotos durch ihre Produktion, Publikation und Rezeption einen von den Performances unabhängigen Status.

Kein Schmerz zu gross

Schon zu Beginn ihrer Karriere widmete sich Valie Export der kritischen Untersuchung von Abbildungsmechanismen: Sie verhandelte die unterschiedlichen Charakteristika des fotografischen Bilds und bildgebender Medien, hinterfragte deren Funktionsweisen und unterzog die Fotografie einer konzeptuellen Analyse, indem sie die Bedingungen technischer Abbildungsprozesse offenlegte. Eine zentrale Rolle spielte dabei die Dekonstruktion des fotografischen Blicks und seiner implizierten Machtstrukturen.

  • Valie Export wurde 1940 in Linz, Österreich, geboren und lebt und arbeitet heute in Wien. Sie zählt zu den Pionierinnen der Performance- und Konzeptkunst. 1967 legte sie mit dem Namen Valie Export in einer zu dieser Zeit radikalen Geste sowohl den Namen ihres Vaters als auch den ihres Exmannes ab, um eine neue Identität für sich zu beanspruchen. Ihre Werke wurden weltweit im Rahmen zahlreicher Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt.

Die kritische Analyse von Repräsentationssystemen ging für Export unweigerlich mit der Darstellung des weiblich gelesenen Körpers einher. Unter Bezugnahme auf den eigenen Körper hat sie die Rolle der Frau, der Künstlerin und des Subjekts innerhalb von patriarchalen gesellschaftspolitischen Strukturen immer wieder untersucht. Im Jahr 1970 liess sich die Künstlerin für Body Sign Action beispielswiese ein Strumpfband auf den Oberschenkel tätowieren, um den Status der Frau als Sexualobjekt und Projektionsfläche männlicher Fantasien sichtbar zu machen. Das Werk soll zum Ausdruck bringen, wie sich patriarchale Normen dem weiblich gelesenen Körper – buchstäblich – auf schmerzhafte Weise einschreiben.

Auch mit ihrer Werkgruppe der Körperkonfigurationen untersucht Export über Körperhaltungen die Beziehungen zwischen Subjekt und machtpolitischen Strukturen. Sie formuliert ihre Kritik an Abbildungs- und Repräsentationsprozessen explizit als feministische Kritik: Im Zentrum ihres Werks steht das Verhältnis von Subjekt und Raum, Körper und Blick, Weiblichkeit und Repräsentation.

«VALIE EXPORT – Die Fotografien» ist noch bis am 29. Mai 2023 im Fotomuseum Winterthur zu sehen.

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